Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
nach den schon seit über einem Jahr enorm im Preis gestiegenen Kosten für grafisches Papier und andere Vorleistungsgüter, die wir zur Produktion von Druckdienstleistungen benötigen, hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die Situation unserer Wirtschaft, insbesondere der mittelständischen Betriebe, stark verschlimmert. Die Energiepreise schießen durch die Decke, lassen keinerlei Planung und Kalkulation mehr zu und können oftmals kaum an Kunden weitergegeben werden, obwohl nur dann wirtschaftliches Arbeiten möglich wäre.
Dabei müssen wir uns bewusst sein: Der Angriff auf die Ukraine ist ein Angriff auf ganz Europa und damit auch auf unser Land, dessen Sicherheit, Freiheit und unser aller Wohlstand. Deswegen unterstützt Deutschland die Ukraine zu Recht. Russland setzt Energie als Waffe ein, wie wir durch die Preisentwicklungen und die Unzuverlässigkeiten bei der Lieferung sehen. Auch die mysteriösen Attacken auf die Gaspipelines zeigen unsere Verwundbarkeit.
Die Druckindustrie befindet sich in einem schwierigen transformatorischen Wandel, der durch die enorm gestiegenen Produktionskosten verschärft wird, weil insbesondere gewerbliche Kunden ihre Printaufträge immer öfter in Frage stellen. Dies wird durch das von bestimmten Aktivisten, Umweltorganisationen und politischen Interessenvertretern erzeugte Schlechtreden der Nachhaltigkeit von Print noch verstärkt. In dieser Situation gehen Umfänge und Qualitäten von Druckaufträgen zurück, werden ganze Auflagen reduziert oder storniert und für die Zukunft bloße digitale Kommunikation angestrebt. Vor diesem Hintergrund sind unseren Betrieben oftmals die Hände gebunden, wenn sie zu Recht versuchen, gestiegene Produktionskosten weiterzureichen – es bleibt ihnen daher vielfach nur die Wahl, unter ihren eigenen Kosten anzubieten oder Aufträge zurückzuweisen und Kunden endgültig zu verlieren.
Der bvdm und die Landesverbände Druck- und Medien haben in den letzten Monaten im ständigen Austausch mit unseren Mitgliedern gestanden, deren Sorgen und Empfehlungen gehört, diese an Lieferanten und Politik vermittelt und für einen fairen Blick auf unsere Branche und deren Anliegen geworben. In zwei großen digitalen Runden mit der Papierindustrie und dem Papiergroßhandel haben wir auf Vertragsbrüche aufmerksam gemacht und partnerschaftliches Verhalten eingefordert.
In Schreiben an den Bundeswirtschaftsminister und über unsere Dachverbände haben wir die Bundesregierung und die Parteien auf unsere notwendigen Bedürfnisse und Forderungen aufmerksam gemacht. Auch die Bedeutung von Druckdienstleistungen für das Funktionieren von Staat und Wirtschaft haben wir den Verantwortlichen vor Augen geführt.
Wir verlangen nach dem von uns ebenso wie von vielen anderen geforderten Stopp für eine Gasumlage nunmehr die Ausweitung des Angebots an Energie durch Nutzung aller Potenziale der Erneuerbaren Energien, der Kohleverstromung, durch Flüssiggasterminals sowie durch eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken.
Wir benötigen eine Strompreisbremse, bei der nicht mehr das teure Gas den Preis für Strom setzt (Abkehr vom Merit-Order-Prinzip) und der Basisverbrauch gerade mittelständischer Betriebe subventioniert wird.
Der Gaspreis muss ebenfalls gebremst werden. Unternehmen müssen vor Überforderung geschützt werden. Natürlich ist eine Verringerung des Gasverbrauchs notwendig, aber das tun betriebswirtschaftlich vernünftig arbeitende Betriebe von selbst, etliche Druckereien sind jedoch auch auf den Einsatz von Gas in ihren Produktionsverfahren angewiesen. Ihnen muss die Existenz gesichert werden. Auch eine Reduzierung der Umsatzsteuer auf Gas ist sinnvoll.
Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds ist allein zur Krisenbewältigung einzusetzen. Die Maßnahmen bei den Strom- und Gaspreisen sind daraus vorrangig zu finanzieren.
Darüber hinaus müssen in Schwierigkeiten geratene Unternehmen Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen erhalten. Unsere Umfragen und Gespräche haben ergeben, dass die Druck- und Medienunternehmen die Bürokratie und Langsamkeit sowie Unberechenbarkeit staatlicher Hilfsmaßnahmen wie in der Coronazeit fürchten. Es bedarf einer Regelung für Härtefälle und schneller Hilfen. Mit bloßen Krediterleichterungen über die KfW ist unseren Betrieben nicht geholfen, war das einhellige Fazit aller Mitglieder, mit denen wir im Kontakt waren.
In diesem Zusammenhang sind wir froh, dass der Einsatz unserer Verbandsorganisation und vieler Verbündeter in den Mittelstandsallianzen erfolgreich war, nicht die zunächst diskutierte KUEBL-Liste als Maßstab für unterstützungswürdige Unternehmen heranzuziehen. Darin ist die Druck- und Medienwirtschaft nicht enthalten. Unsere Betriebe wären leer ausgegangen. Jetzt setzen wir auf eine hilfreiche Ausgestaltung des Energiekostendämpfungsprogramms und des Programms für KMU.
Der bvdm wird nicht müde werden, weiterhin die politisch Verantwortlichen im Bund sowie über seinen europäischen Dachverband Intergraf auf EU-Ebene zum Handeln aufzufordern. Seine Landesverbände werden das ihre in den Ländern tun. Unsere Betriebe haben wir aufgefordert, ihre Wahlkreisabgeordneten direkt anzusprechen. Der Herbst muss anders als der Sommer durch Taten und nicht durch nutzlose Diskussionen genutzt werden.
Die Druckindustrie hat in ihrer Geschichte schon viele Krisen erlebt und gemeistert. Print und die Unverzichtbarkeit unserer Dienstleistungen werden auch jetzt dazu führen, dass wir die Gefahren meistern. Dazu benötigen wir in einer starken Verbandsfamilie Ihrer aller Unterstützung. Nur gemeinsam sind wir stark!
Auch deshalb bieten wir am 20. Oktober allen Interessierten ein digitales Forum in Form eines „Lunchtalks“ (12:00 Uhr – 12:45 Uhr), um über neueste Entwicklungen zu informieren und Ihre Sorgen und Positionen aufzunehmen. Fachleute zur politischen Entwicklung stehen Ihnen mit Informationen zur Verfügung. Die Einladung haben Sie bereits erhalten. Wir wollen mit diesem Austausch auch zeigen, dass die Druckindustrie zusammensteht!
Mit herzlichen Grüßen, Gott grüß‘ die Kunst
Wolfgang Poppen
Präsident des Bundesverbandes Druck und Medien e. V.