Der Mittelstand ist nach wie vor das Rückgrat unserer Gesellschaft
Vom 14. bis 16. Mai traf sich die deutsche Druck- und Medienwirtschaft zum jährlichen Branchentreffen in Hamburg, das in diesem Jahr gemeinsam vom Bundesverband Druck und Medien und den Landesverbänden Nord-West und NordOst veranstaltet wurde. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerk (ZDH), war einer der Gastredner auf dem Deutschen Druck- und Medientag. In einem Interview mit Jörg Dittrich fragen wir nach der aktuellen Lage des Mittelstands, seiner Sicht auf die Politik und gehen auch auf seine Rede ein.
1. Herr Dittrich, wie sehen Sie die aktuelle Lage des Mittelstands in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung und den Fachkräftemangel?
Dittrich: Der Mittelstand ist nach wie vor das Rückgrat unserer Wirtschaft und vor allem das mittelständisch geprägte Handwerk beweist täglich seine enorme Anpassungsfähigkeit und Innovationskraft. Gleichzeitig sehen wir mit Blick auf die aktuelle Lage des Mittelstandes: Digitalisierung und hoher Fachkräftebedarf sind zentrale Herausforderungen, aber solche, die lösbar sind, wenn die Betriebe für ihre Arbeit die richtigen Rahmenbedingungen vorfinden. Was kleine und mittlere Betriebe und Unternehmen jetzt brauchen, ist eine deutlich bessere digitale Infrastruktur, spürbar weniger Bürokratie, bezahlbare Energie und eine starke Offensive für die berufliche Bildung, die vom frühzeitigen Berufsorientierungsangebot bis hin zur gezielten Fachkräftezuwanderung reicht. Mit den richtigen Rahmenbedingungen kann der Mittelstand seine Rolle als Stabilitätsanker und Zukunftsgestalter weiter ausbauen.
2. Wie bewerten Sie die aktuellen politischen Maßnahmen der neuen Regierung in Bezug auf den Mittelstand und was erwarten Sie von der Politik?
Dittrich: Es gibt durchaus vielversprechende Ansätze, etwa die angekündigte Entbürokratisierung, das Investitionssofortprogramm oder die geplante Senkung der Stromsteuer. Entscheidend ist jedoch, dass diese Maßnahmen nicht nur angekündigt, sondern konsequent umgesetzt werden. Nur dann können sie ihre Wirkung im Mittelstand entfalten. Dafür braucht es deutlich mehr Tempo und eine stärkere Orientierung an der betrieblichen Praxis. Betriebe und Unternehmen brauchen Verlässlichkeit und Planbarkeit und vor allem eine Politik, die Vertrauen schafft: mit einfachen Verfahren, mit klaren Rahmenbedingungen bei Energie- und Investitionskosten und mit einer nachhaltigen Unterstützung und Förderung von Ausbildung und Unternehmertum. Was den Mittelstand wirklich voranbringt, sind nicht zusätzliche Vorschriften, sondern echte Freiräume.
3. Auf der Jubiläumsveranstaltung zum 75-jährigen Bestehen des ZDH und dem 125-jährigen Bestehen der Handwerkskammern haben Sie betont, dass die Strukturen des Handwerks durchlässig, plural und pragmatisch sind. Können Sie genauer erläutern, wie diese Prinzipien in der Praxis umgesetzt werden?
Dittrich: Diese Prinzipien prägen das Handwerk seit jeher und sind aktueller denn je. Durchlässigkeit bedeutet: Jede und jeder, der will, kann im Handwerk Verantwortung übernehmen und das unabhängig von Herkunft oder Bildungsweg. Pluralität leben wir, indem wir unterschiedliche Perspektiven in unserer Handwerksorganisation und in den Gremien zulassen und unterstützen. Und Pragmatismus zeigt sich im täglichen Miteinander: Entscheidungen werden nah an der Praxis und basierend auf den Rückmeldungen aus den Betrieben getroffen. Das macht unser System anpassungsfähig und zukunftsfähig.
4. Auch einer unserer Landesverbände, der Verband Druck und Medien Nord-West, feierte im Rahmen des diesjährigen Deutschen Druck- und Medientages im Mai sein 200-jähriges Jubiläum. Bei der Veranstaltung sorgte eine Ihrer Äußerungen für Irritationen. Wie stehen Sie zu der Kritik daran?
Dittrich: Dass eine meiner Formulierungen Irritationen ausgelöst hat, bedauere ich zutiefst. Das war weder von mir beabsichtigt noch entspricht es meinen Werten oder meinem bisherigen Handeln. Ich kann nur alle um Entschuldigung bitten, die ich damit verletzt habe. Die Kritik daran habe ich sehr ernst genommen und bin im Nachgang bewusst in den direkten Dialog gegangen. Respekt, Wertschätzung und ein offener Austausch auf Augenhöhe sind mir zentrale Anliegen, gerade im Miteinander mit unseren Partnerinnen und Partnern im Druck- und Medienbereich, deren Engagement ich sehr schätze.